Offensive Gesundheit – Lieb fragen wird nicht reichen

Der ÖGB, Fachgewerkschaften, die Arbeiterkammer und Ärztekammer haben sich rund um die Kampagne „Offensive Gesundheit“ zusammengeschlossen. Mit einem Strukturprogramm und 6 Forderungen appellieren sie an den Gesundheitsminister und die gesamte Regierung.

Hauptziel der neuen Plattform ist die Aufrechterhaltung eines schlagkräftigen Gesundheits- und Pflegesystems. Um das zu erreichen haben Vertretungen verschiedener Berufsgruppen im Gesundheitssystem ein gemeinsames Programm erarbeitet. Gefordert werden mehr Personal, mehr Geld, die Weiterentwicklung der Gesundheits- und Sozialberufe, mehr Ressourcen, eine Ausbildungsoffensive und eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen.

Es ist exzellent, dass sich die Berufsgruppen des Gesundheitssystems anhand dieser Fragen zusammenschließen und gemeinsam auftreten. Gerade in diesem Bererich arbeiten viele unterschiedliche Professionen zusammen. Eine Kampagne oder eine Forderung für bessere Arbeitsbedingungen oder gar eine neue Kammer zum Beispiel ausschließlich für die Pflege wäre eine künstliche Abkapselung von den restlichen Berufen und würde den Kampf gegen Arbeitgeber beziehungsweise Gesetzgeber nur schwächen. Schon die Vida-Kampagne im Vorfeld der letzten Kollektivvertragsverhandlungen war ein wichtiger Schritt in Richtung Kampffähigkeit. Damals wurde unter dem Slogan „mehr von uns ist besser für alle“ der Personalmangel im Gesundheitssystem angegangen.

Nicht nur Bittsteller sein

Der Strukturplan der „Offensive Gesundheit“ wurde im Rahmen einer PR Aktionmedial inszeniert und Anfang Juli an den Gesundheitsminister Anschober übergeben. Der Plan soll „das Bundesministerium inhaltlich mit Argumenten und Umsetzungsvorschlägen unterstützen.“ In Wirklichkeit sind die sechs ausformulierten Forderungen also Bitten an die Regierung, ihre Finanzierungspolitik und Schwerpunktsetzung im Gesundheitssystem zu überdenken. Wir wissen aus Erfahrung, diese sozialpartnerschaftliche Herangehensweise ist äußert limitiert. Man braucht sich nur an die KV Abschlüsse der letzten Jahre erinnern. Im SWÖ-KV dieses Jahr wurden wichtige Forderungen wie die Verkürzung der Arbeitszeit und bezahlte Praktika aufgestellt. Als Antwort der ArbeitgeberInnen bekamen sie maximal Spott und die Aussage, das könne man sich niemals leisten. Deshalb müssen den Forderungen notfalls Kampfmaßnahmen folgen, die klarmachen, wir meinen es ernst mit den besseren Arbeitsbedingungen, mit der höheren Bezahlung!

Wenn die Regierung ihre Maßnahmen nach wissenschaftlichen Kriterien und nach ExpertInnen- oder Gewerkschaftsmeinung setzen wollte, könnte sie das jederzeit tun. Die Pflegelehre soll trotz medialem Aufschrei von Seiten der Pflegevertretung und ArbeitspsychologInnen nach aktuellem Stand einfach durchgepeitscht werden. Es ist eine Illusion zu glauben, dass man sie mit Argumenten und Vorschlägen unterstützen müsste. Die Realität sieht so aus, dass wir zwar ein Gesundheitssystem haben, dass durch öffentliche Gelder, also Steuern, finanziert wird. Jedoch werden mit diesen Geldern auch Krankenanstalten und Dienstleister finanziert, die privat also profitorientiert wirtschaften und nicht in erster Linie eine optimale Versorgung der gesamten Gesellschaft im Sinn haben. Ein Paradebeispiel ist der Skandal um die Privatklinik Währing, in die HC Strache während der Schwarz-Blauen Regierungszeit verwickelt war. Laut Berichten wurde eine Parteispende von über 10.000,- an die FPÖ ab erhielt die Klinik ab 2018 Sozialversicherungsgelder. Wir können nur spekulieren von welchen Kliniken die jetzige Regierung Anforderungen erhält. Jedenfalls stand die Pflegelehre auf ihrem Wunschzettel an den Herrn Minister ganz weit oben.

In die Offensive!

Wir müssen uns bewusst machen, eine paar weitere Bitten an die Regierung werden uns nicht aus diesem Elend erlösen. Seit Jahrzehnten erlebt das Gesundheitspersonal Verschlechterungen seiner Arbeitssituation auf allen Ebenen. Solange die Gewerkschaften mit Bitten statt mit zehntausenden Euro Spenden ankommen, wird sich daran nichts ändern. Im Kapitalismus lassen sich die Regierungen eher von großen GeldgeberInnen einkaufen, als dass sie ernsthafte Verbesserungen durchsetzen.

In die Offensive gehen bedeutet Kampffähigkeit herstellen. Nutzen wir den Schulterschluss der verschiedenen Vertretungen, um gemeinsame Taten zu setzen und die Basis zu mobilisieren. Die letzten Monate haben gezeigt, dass auch das Krankenhauspersonal in Österreich sehr wohl dazu bereit ist, seinen Frust auf die Straße zu tragen und lautstark zu protestieren. In zahlreichen Ländern wurden PflegerInnen aktiv und beteiligten sich an Streiks und die Covid Krise hat gezeigt: ein Notbetrieb ist umsetzbar.

Verbinden wir also die wichtigen Forderungen der Offensive Gesundheit mit Kampfmaßnahmen auf einer breiten Basis. Statt zu Bitten und zu Betteln müssen wir uns gegen die permanenten Einspar-ungen wehren. Denn wir, an den PatientInnenbetten, in der Technik, im Labor, im Assistenzbereich und in der Verwaltung wissen am allerbesten, was wir brauchen um gute Arbeit zu leisten. Lassen wir uns von den internationalen Streiks inspirieren und vertrauen wir auf uns, im Kampf für ein humanes Gesundheitswesen.

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