Was ist Inflation – und was tun wir dagegen?

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Ein immer wiederkehrendes Gesprächsthema in unseren Sozialräumen sind die eklatanten Preissteigerungen in allen Lebensbereichen. Egal ob bei Lebensmitteln, Energie oder der Miete. Aber warum wird das Leben seit Monaten stetig teurer? Lisa Auer nähert sich dem Thema Inflation und Preis.

Inflation bedeutet, dass Waren teurer werden und Geld somit weniger Kaufkraft hat. Diese Erklärung ist aber noch zu oberflächlich, weshalb wir an dieser Stelle etwas tiefer in die Materie dringen.

Wie die Inflation entstanden ist

Die Finanzkrise 2008 hat das globale Bankensystem ordentlich ins Wanken gebracht. Die zugrunde liegenden Widersprüche würden eines eigenen Artikels bedürfen. Jedenfalls haben die Zentralbanken mit der Krise begonnen, massive Mengen an Geld in die Wirtschaft zu pumpen, um Banken und Profite zu retten. Schon damals bestand die Sorge, dass die Ausweitung der Geldmenge zur Inflation führen würde. Es wurde jedoch nur sehr wenig von dem Geld auch in die Realwirtschaft investiert. Das liegt daran, dass es für große UnternehmerInnen nicht profitabel genug war, das Geld in ihre Produktionen etc. zu stecken. Stattdessen wurde hauptsächlich in Immobilien, Aktien oder Kryptowährungen investiert, was zu keinem wesentlichen Anstieg der effektiven Nachfrage führte. Theoretisch gab es zwar viel mehr Geld als zuvor, aber es kam zu keinem Anstieg der Warenpreise. 

Dieser Umstand hat sich mit der Coronapandemie verändert

Durch Pandemiebekämpfungsmaßnahmen ging die Arbeitsproduktivität massiv zurück. Dies zeigt sich besonders eklatant in den Statistiken zu den gearbeiteten Stunden, die im Euroraum im Jahr 2020 um ganze 7,9 % und 2021 weiterhin um 3 % unter dem Wert von 2019 lagen. Es wurden also weniger Werte produziert. Gleichzeitig wurden jedoch vom Staat COVID-Hilfen an UnternehmerInnen und ArbeiterInnen ausgezahlt. Und zwar so viel, dass viele Unternehmen enorme (Über-)Profite machten. Die Inflation hat sich dann noch um einige Monate weiter verzögert, weil die Menschen während den Pandemiejahren wenig Gelegenheit hatten, das Ersparte auszugeben. Mit dem Ende der Pandemie und den Lockerungen gelangt nun viel mehr Geld in die „echte Wirtschaft“ als zuvor und das führt zu einem Ungleichgewicht zwischen Geld und Warenwerten. Die hohen Energiepreise und Verwerfungen von Lieferketten durch den Ukraine-Krieg verschärfen die Teuerung zusätzlich. 

Doch auch die Profite stiegen insbesondere seit Beginn des Ukraine-Kriegs sprunghaft an. Wie haben es die Unternehmen geschafft, trotz Teuerung und Krise die Gewinne zu erhöhen?

Profite

Die Profite der Unternehmen im Kapitalismus entstehen dadurch, dass sie für in der Produktion eingesetzte Rohstoffe und Geräte sowie die eingesetzte Arbeitskraft in Summe weniger zahlen, als sie an Verkaufserlösen lukrieren. Das funktioniert deshalb, weil die menschliche Arbeitskraft in der Arbeitszeit mehr Wert schaffen kann, als in Form von Löhnen ausbezahlt wird. Diese Differenz nennt man Mehrwert. 

Die Höhe des Mehrwerts ergibt sich stets aus dem gesellschaftlichen Kräfteverhältnis. Wenn die Arbeiterklasse durch Streiks und Arbeitskämpfe ihre Forderungen durchsetzt, kann sie sich einen höheren Anteil ihres erzeugten Reichtums aneignen. In manchen Ländern Europas finden momentan Streiks und Proteste für Lohnerhöhungen statt. Ob diese Kämpfe erfolgreich sind, hängt davon ab, wie entschlossen sie von den Gewerkschaftsführungen geführt werden. Denn jede Schwäche und jede Zögerlichkeit wird von den UnternehmerInnen genutzt, um die Bewegung zu bremsen und sich einen größeren Teil des Mehrwerts einzuverleiben. Während einer Inflation haben sie den Vorteil, dass die Preise für ihre Waren schneller steigen als die Löhne. Dadurch steigt ihr Reichtum, während er im selben Ausmaß auf der Seite der ArbeiterInnen sinkt. Diesen Umstand merken wir z.B. daran, dass durch Mieterhöhungen der Anteil solcher Fixkosten im monatlichen Einkommen deutlich ansteigt. Jede Möglichkeit, den Profit zu erhöhen, wird genützt.

Auch für öffentlich Beschäftigte gilt, dass die Inflation die Kaufkraft des Lohns reduziert. Im öffentlichen Sektor gibt es zwar keine privaten ArbeitgeberInnen, weswegen dieser Kaufkraftverlust nicht zu einer Ausweitung der Profite des Arbeitgebers führt, doch die Regierung befeuert den Prozess der Profitsteigerung durch (Steuer-)geschenke an die Privatwirtschaft: Durch Privatisierungen öffentlicher Leistungen zum Profitzwecke, Senkung der Körperschaftssteuer und großzügige Förderungen. All das führt zu weniger Geld in der Daseinsfürsorge und löst die Probleme an Personalmangel, mehr Arbeitsdruck, längeren Wartezeiten, usw. aus. Egal ob es sich um öffentlichen Verkehr, den Bildungssektor oder den Gesundheits- und Sozialbereich handelt.

Gewerkschaftspolitik

Die Gewerkschaften, die den Lohn oder das Gehalt mit den ArbeitgeberInnen ausverhandeln, nehmen als Grundlage für ihre Forderungen die rollierende Inflation. Darunter verstehen sie den Durchschnitt der Inflationsraten der letzten 12 Monate. Nun braucht es nicht viel Hirnschmalz, um zu verstehen, dass mit einer kontinuierlich und stark steigenden Inflation das Konstrukt der Durchschnittsbildung in die bereits eingetretene Inflation unterschätzt und infolgedessen einen Reallohnverlust vorbereitet. Anschaulich wird das beim diesjährigen Kollektivvertragsabschluss der Younion/GÖD für die öffentlichen Bediensteten, der auch die öffentlichen KH’s betrifft. Der Abschluss von 7,15% wird als großer Erfolg gefeiert, weil die errechnete rollierende Inflation bei 6,9% liegt. Die niedrige Inflation vor März 2022 drückt diese Durchschnittsrechnung. Davon, dass im Februar 2022 die Inflation noch niedrig war, können wir uns aber weder sprichwörtlich noch wortwörtlich etwas kaufen. Tatsächlich liegen die Warenpreise per November 2022 10,6% (im Jänner lt. Schnellschätzung 11,1%) höher als im Vorjahresmonat. Besonders hoch fallen die Steigerungen bei Energie und Lebensmittel aus. 

Ein gängiges Argument zur Inflation ist, dass eine Lohn-Preis-Spirale verhindert werden muss. Diese besagt, dass die Inflation durch den Anstieg der Löhne erst recht weiter befeuert wird. Hier müssen wir klar sagen, dass die jetzige Inflation begonnen hat, als von Lohnerhöhungen noch lange keine Rede war. Aus diesem Grund haben die ArbeiterInnen seither einen Teil der Kaufkraft ihres Lohnes und ihrer Ersparnisse verloren. Es ist also für den Erhalt des Lebensstandards der ArbeiterInnen notwendig, sich einen möglichst großen Teil des Kuchens zurückzuholen. Die Vorstellung der Gewerkschaft, hier eine gemeinsame Verantwortung für “den Standort Österreich“ mit den UnternehmerInnen wahrzunehmen, um die Inflation einzudämmen, ist hier hinderlich und opfert die Interessen der Beschäftigten auf dem Altar der Sozialpartnerschaft. Sollte die rollierende Inflation in den kommenden Jahren über der VPI-Inflation liegen, werden sich genug Ausreden finden lassen, doch nicht diese zur Grundlage für die Lohnverhandlungen zu nehmen: Sei es um die öffentlichen Budgets nicht zu sehr zu belasten, die Krise der Wirtschaft abzufedern oder den Standort zu sichern.

Unsere Alternative

Die Preissteigerungen werden noch einige Zeit anhalten und die niedrigen KV-Abschlüsse bedeuten geringere Einkommen und einen Kaufkraftverlust für Arbeiterfamilien. In letzter Instanz ist es ein Verteilungskampf. Der Pflegebonus ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Um der Inflation nicht schutzlos ausgeliefert zu sein, braucht es zukünftig klare Forderungen, für die es sich zu kämpfen lohnt. 

Egal welche Branche wir betrachten, die Abschlüsse sind überall ähnlich niedrig. Wir haben eine massive Umverteilung von Reichtum zugunsten der UnternehmerInnen. Um das in Zukunft zu verhindern, fordern wir für kommende Verhandlungen eine automatische Anpassung der Löhne und Gehälter an die Inflation. Diese Forderung ist für alle ArbeitnehmerInnen relevant. Es bietet sich an, einen gemeinsamen Kampf aller Berufsgruppen zu organisieren und auf eine Verankerung in einem Generalkollektivvertrag hinzuarbeiten, der in die Gesetze für öffentliche Bedienstete übernommen wird.

Für die Verteidigung unseres Lebensstandards statt Ausweitung der Profite in der Krise! Für eine gleitende Lohnskala!





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